Sonne im Spätsommer

Das sind die südlicheren
Tage, die es zu genießen gilt.
Atmen wir noch einmal tief ein,
bevor wir nach Hause gehen.

Und hoffen wir das wir eins haben.

Jetzt gilt es Vorräte anzulegen
und die Sonne zu spüren.
Der Wein wartet schon.
Bald wird es regnen.

Der Würfel ist noch nicht umgekippt.

Man denkt ans Ankommen,
ans Sterben. Aber noch
ist es nicht soweit.
Noch nicht. Noch. Nicht.

Genießen wir das Jetzt.

Liebe ist einfach,
wenn sie da ist.
Aber suchen
lässt sie sich nicht.

Atme Tief ein und aus.

Wolken über Hochhäuser

Sie küssten sich
zwischen den Hochhäusern
und den Bäumen.
Es war tatsächlich Frühling,
und die Bäume blühten.
Die beiden interessierte es
nicht.
Sie würden zusammenbleiben,
oder auch nicht.
Sie küssten sich
zwischen den Hochäusern
und den Bäumen.
Im Hintergrund plärrte ein Fernseher.
Die beiden hielten sich in den Armen.
Ihre jungen Gehirne
träumten von Blut und Düsternis.
Die Sonne schien und wärmte sie.
Alles war.
Sie küssten sich
zwischen den Hochhäusern
und den Bäumen.

Singe Muse

Singe mir O Muse,
und lass mich schreiben,
von dem Dichter, der die Gefühle anderer kennt, aber
nicht seine eigenen.
Von den Menschenmassen, die in den, dem gebildeten
wohl bekannten, Meer unter gehen und sterben weil ihre Länder
zerstört und ausgebeutet werden und sie selbst getötet.
Von Poetinnen, die sich in den Schlaf trinken und mastubieren,
sich verzehrend nach Revolutionären.
Von Malerinnen, die wachrütteln und Herzen ausmalen.
Von Menschen die auf ihre Art lieben wollen,
herzlich und echt und gesagt bekommen das ihre Art unnatürlich sei.
Von Narren und Verrückten, die sagten das sie abgehört würden
und recht behielten.
Von Menschen, die flohen und mit Hass begrüßt wurden,
von Menschen die sagen: „Ich hab nicht gegen dich, aber ich hasse dich.“
Von Menschen, die Asylantenheime anzündeten,
aber nicht fremdenfeindlich genannt werden wollen.
Von Künstlern, die ihre Werke schützen wollen,
aber nur die Verkäufer ihrer Werke schützten.
Von Journalisten, die die Sprache verhunzen
und die Gefühle derer die sie Lesen.
Von Gefühlen, die vom Disneykonzern aufgekauft wurden.
Von der Sprache, die von Bertelsmann aufgekauft wurde.
Vom Essen das nur noch dazu da zu sein scheint,
das man mit ihm handelt.
Vom Jungen, der die linke Faust gehoben hat und
die Internationale sang und sich bis heute nicht schämt und trotzdem kein
Stalinist geworden ist.
Von Menschen die weinen.
Menschen die Kämpfen und scheitern und weiter kämpfen.
Von Liebespaaren und Wein und Rausch und Festen.
Von Hass und Freundschaft.
Singe Muse!

23.8.2013 23.45 Uhr

-Hallo
-Hallo
-Warum meldest du dich nicht mehr?
-…
-Was ist los?
-Nichts.
-Nichts? Ich hab mir Sorgen gemacht.
-Das tut mir leid.
-Was ist los?
-Ich weiß es nicht.
-Hör zu, wenn ich nicht mehr anrufen soll….
-Nein. Es tut mir leid. Ich wollte dich anrufen.
-…
-Ich bin den ganzen Tag durch die Stadt gelaufen. Wie gehetzt.
-Warum?
-Weil ich Angst hatte.
-Wovor?
-…
-Wovor?
-Vor meinen Gefühlen.
-Wie meinst du das?
-Ich hab Angst davor das ich sie nicht mehr habe. Angst davor das ich sie habe.
-Das ist Paradox.
-Ich weiß.
-Soll ich kommen?
-Nein. Bitte.
-Warum nicht?
-Weil ich dich liebe.
-Ich bin in 10 Minuten da.

*klick*

Verena und die Bäume im Park.

Er musste raus hier. Sein Kopf tat weh. Er kam nicht weiter mit dem Text. Was wusste er schon über Beziehungen. Der Text zog sich dahin. Die Dialoge waren Unsinn, bedeutungslos. Er nahm den Figuren nichts ab. Nicht was sie taten, nicht was sie dachten. Jeden Satz den er schrieb, hätte er sofort streichen können. Es hatte keinen Sinn. Er musste raus hier.

Zum Glück gab es Bäume. Er setzte sich unter einen. Trank seine Mate und versuchte an etwas anderes zu denken. Er fing an die Menschen zu beobachten. Es war warm, sie saßen draußen. Sonnten sich. Lachten. Waren zusammen hier. Hatten eine gemeinsame Geschichte. Da war eine Gruppe Jugendlicher. Sie saßen da, tranken etwas was er nicht erkannte. Sie waren sehr freundlich zueinander. Er erkannte das unter ihren lauten Scherzen. Einige der Frauen waren sehr schön. Sie trugen Kleidung die er nicht einordnen konnte. Früher hatte er soetwas gekonnt. Er beobachtete die Gruppe weiter. War fasziniert.

Ihm kam der Gedanke, das es nicht richtig war was er hier tat. Dachte kurz daran, warum er sie beobachtete. Nur des schreibens wegen? Weil er neugierig war? Er sah sich eine von ihnen genauer an. In seinem Gehirn spielte er die Geschichte ab. Es war eine Liebesgeschichte zwischen ihm und ihr. Lächerlich eigentlich fand er. Aber er war daran gewohnt sich überall Geschichten auszudenken. Er bedachte alle Klischees. Mignon, Tadzio. Nein, aufschreiben konnte er das nicht, sosehr ihm die Geschichte gefiel. Er schüttelte seinen Kopf. Er war nicht alt, aber zu alt für sie. Aber selbst wenn er noch so jung gewesen wäre… Er musste lachen, als er darüber nachdachte wie er als Jugendlicher war. Er war heute noch nicht sehr locker, aber wenn er an diesen verkrampften Jungen dachte der Verena anschmachtete. Verena die toll war, ohne Frage. Künstlerin, eigenen Kleidungstil, wunderschönes Lächeln. Eines Tages war sie im Frack zur Schule gekommen. Aber es war so wie sie in ihrem letzten, und einzigen, Brief schrieb: Sie hätten nie zusammen gepasst. Und das war das. Kein Drama, auch wenn er sehr geweint hatte. Keine Tragödie, auch wenn er bis heute an sie dachte.

„Haben sie mal ein bischen Kleingeld?“ Er schrak auf. Sie stand vor ihm. Lächelte ihn an. Kurz war er verwirrt. Schämte sich. Dann zog er einen Fünf Euro Schein aus der Tasche. „Aber nicht für etwas sinvolles ausgeben.“ Sie lachte. Bedankte sich und ging. Er sah ihr nach. Sie war wunderschön. Er trank aus. Er würde etwas über Verena schreiben. In seiner Geschichte würde es glücklich ausgehen. In ihr würden sie zusammen sein. Schließlich war es seine Geschichte, da bestimmte er.

Judith

„What a drag it is getting old.“

(Rolling Stones/Mothers Little Helper)

 

„Wären sie heute wegen gesundheitlicher Einschränkungen voll erwerbsgemindert, bekämen sie von uns eine monatliche Rente von 99,07 EUR.“, stand in dem Brief den Kurt gerade las. Mehr würde es wohl auch nicht werden. Irgendetwas musste wohl geschehen. Aber erstmal musste er seine Tochter zu ihrer Mutter bringen. Es war Sonntag und er wollte ausgehen.

Sie schauten gemeinsam nach, ob er sie etwas vergessen hatten. Nein, gottseidank es war alles da. „Können wir?“ „Gleich.“ Sie musste sich noch die Haare flechten. Er seufzte auf, und las noch etwas Zeitung. Bald konnten sie dann wirklich gehen.

Die Autofahrt verlief ruhig und schweigend. Auch bei der Übergabe gab es keine Dramen. Alles war gut eingespielt. Es gab nichts zu besprechen. Seine Exfrau wünschte ihm noch viel Spass. Er dankte ihr, und gab seiner Tochter noch ein Küsschen auf die Wange.

Die Nacht war klar und warm. Er freute sich heute eine Verabredung zu haben, aber er war auch etwas nervös. Er kannte Judith schon länger, aber erst in den letzten Wochen hatten die beiden gemerkt, dass sie vieleicht mehr waren als „nur“ Freunde. Zumindest wollten sie heute miteinander ausgehen. Er suchte die Galerie in der sie sich treffen wollten.

Er entdeckte sie gleichzeitig mit Judith. Sie sah wunderschön aus heute Abend. Lässig, aber mit Geschmack gekleidet. Er kam sich etwas underdressed vor. Er hatte keinen Geschmack. Das heißt nicht, dass er geschmacklos gekleidet gewesen wäre, aber er verstand nichts davon und trug immer etwas langweilige Kleidung. Er umarmte Judith und traute sich sogar ein Küsschen auf ihre Wange zu. Im geheimen war er sehr stolz auf sich. „Wollen wir reingehen?“, fragte sie lächelnd. „Warum nicht?“, war seine Antwort.

Innen gab es Installationen mit leeren Flaschen zu sehen, die Kurt an eine Trauerfeier erinnerte. „Nieder mit dem Kapitalismus“ stand mit Zweigen auf eine Wand geschrieben. In einer Ecke stand eine Künstlerin in einem Bärenkostüm. Als Programm gab es einen Chor, der „Der Mond ist aufgegangen“ sang. Es war alles sehr schön. Sie tranken Wein. Plötzlich küssten sie sich.

Hand in Hand gingen sie zu ihr. Er war schon lange nicht mehr Hand in Hand gegangen. Es fühlte sich seltsam an. Er sah sie immer wieder an. Unterwegs kauften sie noch eine Flasche Wein. Sie lächelte. Er atmete tief ein. Dann gingen sie weiter. Im Hausflur küssten sie sich wieder. Es war wie ein Kampf. Ein Spiel, wie es Hundewelpen spielen. Fast hätte sie die Flasche fallen lassen. Sie schloss die Tür auf.

Drinnen tranken sie weiter. Sie versuchten über die Kunst zu reden. Sie drückte ihn gegen die Wand. Es ging weiter. Ihre Hände griffen ineinander. Sie versuchten sich gegenseitig zu Boden zu drücken. Er biss in ihren Hals. Sie stöhnte. Sie landeten auf dem Teppich. Dabei fiel ein Glas Wein um. Sie kümmerten sich nicht darum. Wieder rangen sie. „Offenbar Griechisch-Römischer Stil“, dachte er und musste kurz lachen. Sie lachte mit, obwohl sie gar nicht wusste worum es ging. Sie warf ihn auf den Rücken. Rang ihn nieder. Diesmal biss sie in seinen Hals. Er erschreckte sich kurz über den Schmerz. Dann küsste er sie. Sie zogen sich gegenseitig aus. Sie rollten über den fleckigen, nassen Teppich.

Sie waren unbeholfen, aber enthusiastisch. Sie verschmolzen nicht, aber es war richtig. Sie schmeckten sich, rochen sich, dachten zuviel nach. Ihre Körper lernten. Sie mussten lachen. Es war nicht der Himmel, aber es war das was sie brauchten. Hier und jetzt. Sie drückten sich zu Boden und bissen sich. Er wusste wo er sie zu streicheln hatte. Sie wusste wann sie seinen Hintern schlagen musste. Es war albern, aber schön.

Am Ende lagen sie an die Wand gelehnt. Sie hörten das weiße Album und tranken. Sie flüsterten. „Blackbird“ fing gerade an.

Sommerabend

Gemeinsam
unter Bäumen sitzen.
Reden und trinken.
Der Himmel ist blau.

Da wir uns immer
wiederfinden. Uns erkennen.
Manche küssen sich jetzt.
Sehen sich in die Augen.

Der Tag vergeht.
Wie der Sommer.
Das Jahr. Das ist
kein Grund zum Weinen.

Solange das Kraft hat:
Dieses Reden, die
Bäume, das Wasser
und das Bier am Abend.

Gespräch über Liebe

-Du?
-Hmm?
-Warum liebst du mich?
-Was?
-Warum liebst du mich?
-Meinst du das ernst?
-Ja.
-Hmmm.
-….
-Warum sollte ich dich nicht lieben? Du bist nett und niedlich.
-WAS?
-Und lustig. (Grinst)
-Sag doch gleich das ich ein Hampelmann bin.
-Wer sagt denn soetwas?
-Na du.
-Was ist denn los?
-…
-Hmm?
-Du nimmst mich nicht ernst.
-Was?
-Du nimm…
-Ich habe dich verstanden. Wieso denkst du das?
-Nett und Niedlich?
-Soll ich dich Arschloch nennen?
-…
-Na siehst du.
-Soll ich mich jetzt auch noch gut fühlen?
-Ja. (Grinst)
-Hör auf zu Grinsen!
-Was hast du gegen die Beschreibung?
-Ich verachte Niedlichkeit!
– (Seufzt)
-Niedlich nennt man kleine Hundebabies. Und Menschen die sich niedlich nennen sind meißt fiese Arschlöcher.
-Die nennen sich nur so.
-(Grummelt) Ist das alles was du in mir siehst?
-Das ist eine Menge, glaub mir. Du gibst mir Geborgenheit. Du bringst mich zum lachen. Du gibst mir das Gefühl…richtig zu sein.
-Möchtest du nicht lieber einen Ritter?
-Einen was?
-Na einen Helden. Einen der dich rettet.
-Du hast mich gerettet. Und du bist jeden Tag da. Zu dir komme ich immer wieder zurück. Du hast das schönste Lächeln der Welt.
-(Weint)

Die Nacht. Wie sie Gregor erlebte.

Für K.

Es war August. Die Nacht war heiß und stickig. Gregor konnte nicht einschlafen. Er sah fern und mastubierte fast zwanghaft. Mit Sex hatte das nichts zu tun und schon gar nicht mit Genuss. Gregor hatte keine Gedanken, nur Selbstvorwürfe. Nichts in seinem Leben hatte er richtig gemacht. So dachte er. Es hätte ihm gut gehen können. Er hatte alles was man zum Leben braucht. So dachte er. Er kam nur noch selten vor die Tür in letzter Zeit. Es war einfach zu heiß. Er lag nackt auf dem Bett. Körper erregten ihn und stießen ihn ab. Mit Sex hatte es, wie gesagt, nichts zu tun. Schon lange nicht mehr. Gregor schwitze und klebte. Es fiel ihm auf, aber er sah sich außerstande etwas daran zu ändern. Wieder diese Bilder. Er wusste, er muss da raus gehen. Er wusste, er musste sich hilfe holen. Er konnte es nicht. Noch nicht. Er versuchte einzuatmen. Selbst das war anstrengend. Es fühlte sich an, als ob er eingeschnürt wäre. Eng eingeschnürt. Seine Gedanken wurden brutaler, abwegiger. Er ging ins Badezimmer und schaute sich im Spiegel an. Es sah falsch aus was er da sah.

Er wusste nicht was ihm fehlte, aber es musste etwas großes sein. (Eigentlich war es etwas kleines, aber das konnte er nicht sehen. So klein war es.) Er kämpfte. Es war wie mentales Schattenboxen. Worum es ging, hatte er vergessen. Vieleicht sollte er mehr arbeiten. Mehr Lieben. Nichts ergab einen Sinn. Alles was er anfasste fiel ihm aus der Hand. Er ließ die Scherben liegen und ging durch. Sein Magen verkrampfte sich. Er hatte seit Tagen nichts gegessen. Er hatte keinen Hunger. Nein, er hatte keine Lust etwas zu essen. Es fühlte sich an als ob er keine Haut hätte.

Er wusste ja, auch das würde enden. Irgendwann kam das große Gewitter. Regen, der alles wegwusch. Er wusste etwas von seinem Leben würde mit weggewaschen werden. Er wusste es würde ihn stärker machen. Aber all das perlte ab von ihm. Berührte ihn nicht. Er bekam Angst vor Fenstern und Messern. Er sah das Blut fließen. Ihm war schlecht, aber es war nichts im Magen. Er schlug mit seinem Kopf gegen seinen Spiegel. Dieser zerbrach. Gregor blutete. Er grinste. Aber das konnte niemand sehen.

Sommer

Dies sind die Tage
in denen die Wespen langsam
irre werden.

Dies sind die Tage
an die wir uns erinnern
wenn wir uns an den
Sommer denken.

Dies sind die Tage ,
an die die Kinder später
denken, wenn sie
als Erwachsene Eis essen.

Dies sind die Tage,
an denen wir denken, dass
der Sommer niemals endet.
Oder das Leben.

Dies sind die Tage,
an denen selbst der Tod
wie das Leben riecht.

Schaue, rieche und genieße.
Bald kommt der Herbst.