Mittag im Wald

„Was für ein lächerliches Paar das geben wird“, warf Karl Erdmann verächtlich hin. „Nein, ein glückliches“ sagte Daniela, „gehen wir jetzt.“

Eduard von Keyserling, Am Südhang

Sie saßen zusammen im Wald. Die Bäume waren da, sonst nichts. Gestern hatte es geregnet. Heute war alles frisch. Er schaute auf die Bäume und hatte etwas was er für Gefühle hielt. Er versuchte diese in Worte zu fassen. Nein, erstmal versuchte er sie zu fühlen. Er fühlte sich schwach und unentschieden und seltsam.
Die, die bei ihm saß sah das allerdings anders. Für sie war er war er frisch und unkompliziert. Sie mochte es das für ihn Bäume nichts anderes waren als Bäume und wie er in der Küche stand, Bratkartoffeln briet und dabei kleine selbst ausgedachte Lieder sang. Sie mochte es, wie er manchmal Geld verschenkte, mit Kindern auf Augenhöhe sprach und Menschen einfach zuhörte.

Sie sagte es ihm aber nicht, weil er genau das für eine Beleidigung hielt. Denn er fühlte sich schwach, unentschieden und seltsam.

Er hatte oft Probleme damit gehabt mit Menschen zu sprechen. Die Leute nannten es Schüchternheit, aber es war nicht das. Er nannte es Misanthropie, aber es war nicht das. Er wusste nicht was er sagen sollte. Wie er es sagen sollte. Wenn er dann etwas sagte, konnte niemand etwas damit anfangen. Und manchmal wollte er einfach nicht reden. Das machte ihn oft müde und wütend. Also fing er an zu trinken. Dann musste er sich wenigstens nicht mehr zuhören.

Sie aber hatte ihn gerade nüchtern neben sich. Nüchtern und brummig. Ihr machte das nichts aus. Er konnte, warum auch immer, mit ihr entspannen. Auch wenn er das nicht zugab. Und auch sie konnte mit ihm entspannen. Also saßen sie beide da und beobachteten die Bäume.

Später würden sie zusammen nach Hause gehen. Er würde Bratkartoffeln braten und kleine alberne Lieder singen. Sie würde ihm aus den Nachrichten vorlesen. Sie würden zusammen lachen. Und es wäre alles, alles gut.

Herbstabend

Wenn es leise ist und dunkel.
Wenn alles schläft.
(Nur die Gespenster nicht.)
Wenn die Vergangenheit höhnisch kichert.
Wenn überall nur „Ende“ steht.
Das ist das Leben das du führst.
Der Regen weckt dich schon auf.
Das Reden ist gar nicht so schwer.
Nur mit dem Fühlen dauert es noch.

Gesprächsfragment

-(Im Singsang)Ich lebe. Ich bin tot. Ich lebe. Ich bin tot.
-(ruhig) Das ist nicht witzig.
-(schweigt)
-Musst du immer so grundsätzlich werden?
-(schweigt)
-Rede mit mir.
-Nein.
-Nein, was?
-Nein, ich muss nicht immer so grundsätzlich werden.
-(schweigt)
-Es tut mir leid, ich bin nervös.
-Schon gut.
-Ich bin so außer mir.
-Ich weiß.
-Ich möchte nichts mehr sagen.
-Ich weiß.
-Ich möchte mich nicht mehr selbst bespiegeln. Es kommt nichts dabei heraus.
-Ich weiß. Du musst es ja auch nicht.
-Ich weiß.
-(schweigt)
-(schweigt, dann:) Hast du Angst?
-Angst ist langweilig.
-Hast du Angst?
-Ja.
-Vor mir?
-Auch. Ja.
-Wovor noch?
-Nichts mehr zu sagen zu haben. Vor den Menschen. Zu merken das ich ein Mensch bin.
-Was möchtest du sein?
-Ich weiß es nicht.
-Ich möchte in deinen Gedanken sein.
-Das bist du.

Jedesmal anders.

(Teil 4)

– Ja?
-Ich bins.
-Wo steckst du?
-In der Dunkelheit.
-Wie schlimm?
-Es wird gehen. Ich habe von dir geträumt.
-Warte, dazu muss ich mir eine Zigarette anzünden.
….
-Ok, weiter.
-Ich war im Traum in einer Landschaft am Mittelmeer.
-Griechenland?
-Wahrscheinlich. Unterbrich mich nicht.
-Ok, weiter.
-Ich sah mich dort um. Es war heiß und es roch nach Salbei. Und nach Thymian. Du hättest wahrscheinlich Homer zitiert..
-Ich habe noch nie Homer zitiert.
-Doch. Unterbrich mich nicht, mein Schwälbchen.
-Ok, weiter.
-Wir sahen aufs Wasser. Es war blau. So ein blödes Postkartenblau.
-Gab es Wind?
-Ich glaube nicht. Ich weiß nicht. Wir standen da. Du hattest ganz kurze Haare und diesen Glanz in den Augen den ich so mag. Ich hatte kurze grüne Haare.
-Grün? Hell oder dunkel.
-Eher dunkel. Wir standen da und sagten nicht.
-Hmm.Glaubst du der Traum bedeutet etwas?
-Jeder Traum bedeutet etwas. Nur nicht immer etwas entscheidenes. Können wir uns sehen?
-Wann und wo?
-In Griechenland?
-Ich fürchtete das du soetwas sagst.
-Wieso?
-Ich hab grad kein Geld.
-Ich kenn jemanden der nächste Woche eh in die Richtung fährt.
-Ich dachte es mir. (Lacht)
-Kommst du, mea Columba?
-Natürlich. Wirklich alles ok bei dir?
-Weiß noch nicht. Ich rufe meinen Freund an.
-Mach das. Schlaf ein bisschen, Löwin.
-Mach ich. Bis dann.
-Bis dann.

23.8.2013 23.45 Uhr

-Hallo
-Hallo
-Warum meldest du dich nicht mehr?
-…
-Was ist los?
-Nichts.
-Nichts? Ich hab mir Sorgen gemacht.
-Das tut mir leid.
-Was ist los?
-Ich weiß es nicht.
-Hör zu, wenn ich nicht mehr anrufen soll….
-Nein. Es tut mir leid. Ich wollte dich anrufen.
-…
-Ich bin den ganzen Tag durch die Stadt gelaufen. Wie gehetzt.
-Warum?
-Weil ich Angst hatte.
-Wovor?
-…
-Wovor?
-Vor meinen Gefühlen.
-Wie meinst du das?
-Ich hab Angst davor das ich sie nicht mehr habe. Angst davor das ich sie habe.
-Das ist Paradox.
-Ich weiß.
-Soll ich kommen?
-Nein. Bitte.
-Warum nicht?
-Weil ich dich liebe.
-Ich bin in 10 Minuten da.

*klick*

Gespräch über Liebe

-Du?
-Hmm?
-Warum liebst du mich?
-Was?
-Warum liebst du mich?
-Meinst du das ernst?
-Ja.
-Hmmm.
-….
-Warum sollte ich dich nicht lieben? Du bist nett und niedlich.
-WAS?
-Und lustig. (Grinst)
-Sag doch gleich das ich ein Hampelmann bin.
-Wer sagt denn soetwas?
-Na du.
-Was ist denn los?
-…
-Hmm?
-Du nimmst mich nicht ernst.
-Was?
-Du nimm…
-Ich habe dich verstanden. Wieso denkst du das?
-Nett und Niedlich?
-Soll ich dich Arschloch nennen?
-…
-Na siehst du.
-Soll ich mich jetzt auch noch gut fühlen?
-Ja. (Grinst)
-Hör auf zu Grinsen!
-Was hast du gegen die Beschreibung?
-Ich verachte Niedlichkeit!
– (Seufzt)
-Niedlich nennt man kleine Hundebabies. Und Menschen die sich niedlich nennen sind meißt fiese Arschlöcher.
-Die nennen sich nur so.
-(Grummelt) Ist das alles was du in mir siehst?
-Das ist eine Menge, glaub mir. Du gibst mir Geborgenheit. Du bringst mich zum lachen. Du gibst mir das Gefühl…richtig zu sein.
-Möchtest du nicht lieber einen Ritter?
-Einen was?
-Na einen Helden. Einen der dich rettet.
-Du hast mich gerettet. Und du bist jeden Tag da. Zu dir komme ich immer wieder zurück. Du hast das schönste Lächeln der Welt.
-(Weint)

Engumschlungen

– Duu?

-Hm? Was?

– Wie sehr liebst du mich?

– Pfff, ist das dein ernst?

– WAS?

– Ob diese Frage dein ernst ist?

– …

– Tut mir leid, aber ich wusste nicht das tatsächlich irgendjemand, außerhalb von schlechten Liebesfilmen, diese Frage stellt.

– …

– (halblaut) Oder so eine Reaktion zeigt..

– WAS?

– Nichts..

-…

– Hör zu….Ich werde dir nicht ewige Treue schwören. Ich werde dir nicht versprechen, das wir zusammen alt werden. Ich werde dir nicht versprechen, das ich mich nie in eine Andere, oder in einen Anderen, verlieben werde. Aber…

– Aber?

– Aber ich glaube du wirst immer bei mir sein. Ich glaube ich werde immer zu dir zurückkehren… Ich glaube du wirst mir immer halt geben…

*Kuss*

 

Eis und Krähen.

Irgendetwas an ihrer Kleidung war seltsam. Nicht gewollt seltsam, was mir auffiel. Alles passte zu gut, als dass es eine Verkleidung gewesen wäre. Ich kenne mich mit Mode nicht so aus, aber alles passte nicht hierhin. Nicht in diese Zeit. Aber sie trug es mit Selbstverständlichkeit. So als wäre es Kleidung die sie trug. Nichts weiter. Schwer zu erklären.
Warum ich sie trotzdem nicht ansprach, wusste ich. Warum sie mich ansprach, jedoch nicht.
„Das beste an dieser Zeit, ist die Eiscreme. Ihr unterschätzt so etwas. Definitiv.“, sagte sie mit einer Stimme die zwar fröhlich klang aber definitiv ernst meinte was sie sagte. Ich sah die Frau an und antwortete nicht. Sie hatte bestimmt recht, aber ich konnte das nicht entscheiden, ich kannte nur diese Zeit. Dann sah ich wieder den Krähen zu.
Auf der Wiese kämpften Krähen einen geheimen Kampf.Sie schimpften sehr laut aufeinander. Nur eine schien mich anzusehen, ich kannte das schon. Ich winkte ihr zu.
„Wussten sie, das man früher geglaubt hat, das Raben ins Totenreich fliegen und zurückkommen konnten?“ Sie war immer noch zufrieden mit sich. Seltsamerweise gefiel mir das. „Öhm, nein. Ich kenn mich mit solchen Dingen nicht aus.“ „Macht nichts. Macht gar nichts.“ Ich schaute sie mir wieder an. In ihrem Gesicht war kein bisschen Selbstzufriedenheit. Nur Wissen.
„Kommt jetzt eine Lehre?“ „Lehre?“ „Naja, bringen sie mir bei wie man sein Leben lebt?“ „Nein. Ich möchte mich nur unterhalten. Sie scheinen zu viele Romane gelesen zu haben.“ Hmm, da konnte sie recht haben.
„Aber sie kommen doch aus der Vergangenheit, oder?“ „Mag sein. Dadurch bin ich aber auch nicht schlauer.“ „Außer bei Eis.“ Ich lächelte. „Außer bei Eis.“ Sie nickte ernst. Nur ihre Augen lächelten.

Ich-Schwäche

„Wer sind wir..ich..du..nun eigentlich?“

Das fragte der 12jährige. Er ist ein ziemlicher Philosoph. Will auch ständig schlaue Bücher lesen, die er dann nicht versteht.

„Naja, ich glaube ihr seid ein Teil von mir. Also seid ihr..naja ich…also das was mich ausmacht.“ „Und warum spaltest du dich dann nochmal ab?“ „Irgendwer muss ja die Kontrolle haben.“

„Das ist jetzt aber nicht sehr neu und kreativ.“ Irgendein blöder Hipster mischte sich ein. Ich musste aber zugeben, das er recht hatte. Oder kommen ihnen diese Gedanken nicht auch bekannt vor? (Vom Ansprechen des Lesers will ich hier gar nicht reden. Postmoderne ist nicht mehr modern, Alter!)

„Und wer bist du nun?“ „Ihr alle. Plus X. Glaube ich.“ „Plus X?“ „Naja, das ist ein Ort, eine Person, die selbst ich nicht kenne..“ „Ganz schön kompliziert.“ „Ich weiß.“